Sonntag, 15. September 2013

Olivier Py - der Pariser Opernpapst













In Frankreich gehört Olivier Py seit mindestens einem Jahrzehnt zu den prägenden Figuren der Theaterlandschaft, in Deutschland wurde er erst in der vergangen Opernsaison mit zwei sehr erfolgreichen Verdi-Inszenierungen in Köln (La forza del destino) und München (Il trovatore) bekannt, aber noch nicht so richtig berühmt. Das hat er vielleicht auch gar nicht mehr nötig, denn mit nicht weniger als drei Neuproduktionen wird Olivier Py in den nächsten Monaten den Pariser Opernherbst dominieren. Den Auftakt macht dabei in dieser Woche Glucks selten gespielte Alceste im Palais Garnier. Die auf beiden Seiten des Rheins geschätzte Mezzosopranistin Sophie Koch wird die Titelrolle singen, ein spannendes Rollendebüt für die zuletzt auch in München mit Wagner und Strauss reüssierende Sängerin. An ihrer Seite gibt Yann Beuron den Admète. Für diese Rolle war ursprünglich Roberto Alagna eingeplant, er hat sich aber vor einigen Monaten aus der Produktion zurückgezogen, was ihm jetzt Gelegenheit gab, kurzfristig an der Wiener Staatsoper als Don José einzuspringen. Die nächste Premiere unter der Leitung von Olivier Py ist für Anfang Oktober geplant, Giuseppe Verdis Aida in der großen Bastille-Oper unter der musikalischen Leitung von Philippe Jordan. Zwei ausgesuchte Besetzungen alternieren, das Ganze dürfte musikalisch wie szenisch ein Paukenschlag werden, nicht zuletzt weil des Pariser Opernorchester inzwischen auf bemerkenswert hohem Niveau spielt, auch das ein Verdienst des hier bereits im fünften Jahr arbeitenden Philippe Jordan. Im Dezember dann gibt es eines der Schlüsselwerke des französischen Repertoires zu sehen, Olivier Py bringt am Théâtre des Champs-Elysées Poulencs hochdramatisches Meisterwerk Dialogues des Carmélites zur Premiere. Neben Sophie Koch werden u.a. Patricia Petition, Sandrine Piau und Véronique Gens zu erleben sein - die Elite der französischen Sängerinnen gemeinsam in einer Produktion! Der Regisseur Py vereint mehrere Tugenden, die bei vielen seiner Kollegen in dieser Fülle kaum zu finden sind: Er beherrscht sowohl das große Bühnenspektakel, wie auch die prägnante Personenführung. Sein Arbeiten sind enorm reichhaltig, dabei immer voller Leidenschaft aus der Musik entwickelt und - was besonders auffällt - es steht immer eine Idee hinter ihnen, aus der sich viele kleine Ideen rekrutieren. Für Verdi scheint das heutzutage der ideale Weg zu sein und so gehört der Komponist auch zu Pys erklärten Favoriten. Mit dessen zuweilen sprunghaften Libretti hat er dabei keine Probleme, schon das markiert seine Ausnahmestellung. Scheinbar wenig plausible Dinge werden von ihm nicht verdruckst zur Seite gespielt, sondern geschärft ins Blickfeld gerückt. Und auch wenn es reizvoll ist, sich auf Pys Annäherungen, mal katholisch, mal psychoanalytisch und zur Not auch mal klassenkämpferisch grundiert, einzulassen - muss man das alles auch nicht mitdenken, sondern kann sich bei ihm einfach nur an der stimmig gearbeiteten Inszenierung erfreuen. Py ist Künstler und Handwerker zugleich, beides steht sich bei ihm nicht im Weg, im Gegenteil. Also hinfahren und anschauen! Für den Opernregisseur Py gibt es ab dem kommenden Jahr erst mal eine Pause, denn er übernimmt die Leitung des renommierten Festival d'Avignon. Wer es in den nächsten Wochen nicht nach Paris schafft kann probieren für die Wiederaufnahme von Il trovatore im November an der Bayerischen Staatsoper Karten zu bekommen. Was schwierig werden dürfte, weil wiederum Jonas Kaufmann singt (seine Leonora ist diesmal übrigens Krassimira Stoyanova). Bessere Chancen auf Plätze gibt es wohl an der Oper Köln, die im Januar 2014 noch eine Serie La forza del destino spielt.




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